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Sind Medikamente bei Demenz und Anzeichen von Aggression notwendig?

Geschrieben von Qwiek | Nov 17, 2025 12:57:31 PM

Der Einsatz von sedierenden Medikamenten bei Menschen mit Demenz, die Anzeichen von Aggressivität zeigen, ist weit verbreitet. Aber ist die Einnahme wirklich immer notwendig? Gibt es Alternativen und wenn ja, welche? Wir sehen, dass immer mehr Leistungserbringer im Pflegewesen diesen Trend umkehren wollen. Bei Aggressivität, Reizbarkeit und Unruhe, sogenanntem herausforderndem Verhalten, setzen sie weniger auf Medikamente, sondern auf andere Lösungen. In diesem Blog kommen verschiedene Experten zu Wort und liefern Hintergrundinformationen zum Einsatz von Medikamenten bei Demenz und Anzeichen von Aggressivität sowie alternative Lösungsansätze.

Der Schlüssel zur Reduktion von Sedativa ist ein versierter Umgang mit herausforderndem Verhalten. Je größer das Verständnis ist, desto eher lassen sich solche Medikamente vermeiden. Laden Sie hier unsere kostenlose Themenausgabe über herausforderndes Verhalten herunter.

Hoher Gebrauch von sedierenden Medikamenten bei Demenzkranken

Über 40 Prozent aller Bewohner im Altersheim mit der Diagnose Demenz erhalten dauerhaft Medikamente um psychische- und Verhaltenssymptome wie Aggressivität, Reizbarkeit und Unruhe zu reduzieren. Dies wurde durch die Stiftung Gesundheitswissen (SGW) bereits im Jahr 2019 festgestellt [1]. Zum gleichen Ergebnis kommt das Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege. Staatsministerin Melanie Huml: “Diese Medikamente haben viele Nebenwirkungen und müssen daher besonders zurückhaltend eingesetzt werden.” Das Ministerium fördert deshalb aktiv ein Projekt um den Einsatz von sedierenden Psychopharmaka bei Menschen mit Demenz zu reduzieren [2].

Der Gebrauch von Neuroleptika bei Menschen mit Demenz zeigt deutliche Nebenwirkungen. Die gängigen Mittel führten laut SGW zu vermehrter Muskelanspannung, Gang- und Sprachstörungen sowie Händezittern. Die Symptome ähneln denen von Patienten mit einer Parkinson-Krankheit. Insgesamt kommt die Studie der SGW zu dem Ergebnis, dass der Schaden der genannten Medikamente bei o.g. Zielgruppe den Nutzen überwiegen kann.

Verabreichung von Medikamenten bei Anzeichen von Aggression oft der letzte Ausweg

Auch bei Qwiek haben wir Kollegen, die Erfahrungen aus erster Hand mit dem Einsatz von Medikamenten bei Demenz und Aggression in ihrer Arbeit gemacht haben. Jana Kaupp und Fabian Mayer sind beide ehemalige Pflegekräfte in der Alten- und Krankenpflege. Heute arbeiten Sie bei Qwiek als Produktspezialisten und sind erster Ansprechpartner für unsere Kunden.

Aus ihrer eigenen Zeit in der Pflege wissen beide, dass der Einsatz von Neuroleptika oftmals notgedrungen geschieht: Es fehlt schlicht die Zeit, den Menschen mit Demenz zu beobachten und die eigentliche Ursache für die Aggressivität und das Verhalten herauszufinden. “Deshalb war oft die einzige Lösung, Sedativa zu verteilen. Und ich als Pfleger will ja eigentlich sicherstellen, dass unnötige Medikamente vermieden werden und sich der Bewohner ohne Medikamente beruhigt”, sagt Fabian Meyer. ”Immer wieder kam es vor, dass Bewohner selbst nach einer Gabe von Beruhigungsmitteln noch aufgestanden sind und daraufhin gestürzt sind.” Jana Kaupp ergänzt, dass wenn diese Medikamente aus Zeitmangel eingesetzt werden, das Problem nicht gelöst wird - es wird nur nur auf später verschoben.

Aggressivität reduzieren mit nichtmedikamentösen Lösungen

Tatsächlich ist es so, dass zur Lösung von Verhaltensauffälligkeiten mit Aggressivität ohne den Einsatz von Medikamenten zunächst untersucht werden muss, warum der an Demenz erkrankte Klient dieses Verhalten zeigt. Dr. Torsten Kratz ist Gerontopsychiater im Königin-Elisabeth-Herzberge-Krankenhaus in Berlin. Als Arzt stellt er klar, dass Neuroleptika ihre Daseinsberechtigung haben und ein gezielter Einsatz Verhaltensprobleme durchaus lösen kann. Allerdings erst, wenn nicht-medikamentöse Verfahren fehlschlagen und ein hohes Eigen- und Fremdgefährdungs-Risiko besteht [3].

Kratz nennt das Beispiel eines an Demenz erkrankten Mannes, der in ein Pflegeheim aufgenommen wurde und starke Aggressionen zeigte. Durch sorgfältige Kartierung der Biografie wurde klar, warum dieser aggressives Verhalten an den Tag legte. In der Vergangenheit führte der Mann alle möglichen Handwerke mit technischer Perfektion aus. Im Pflegeheim schienen jedoch bauliche Unvollkommenheiten vorhanden zu sein, was ihn offenbar sehr ärgerte - Er konnte dies aber nicht in Worte fassen. Die Einrichtung reagierte mit einer praktischen Lösung: Heute begleitet der Mann den Hausmeister durch das Pflegeheim und bespricht mit ihm, was zu verbessern ist. Hierdurch konnte seine Aggressivität stark abgebaut und sein Wohlbefinden erhöht werden.

Aggressivität bei Demenz kennt 3 Gründe

Kratz nennt 3 Gründe für Aggressivität: biologische, somatische und psychologische. In jedem Fall ist es gut, sich in die Lage des Patienten zu versetzen und zu versuchen zu verstehen, woher die Aggression kommt. Verweigert beispielsweise jemand die Nahrungsaufnahme, kann ein unerkannter Schmerz dahinter stecken (z.B. Entzündungen im Mund oder Magen). Hier ist es eine klare somatische Ursache. Oder ein psychologisches Beispiel: ein Mann wurde sehr agitiert dadurch, dass er ständig seinen Hausschlüssel verlegte. Hintergrund war, dass er seine Frau verdächtigte, ihn mit jemand anderen zu betrügen. In seiner Eifersucht redete er sich ein, sie würde den Hausschlüssel verstecken, damit er ihr nicht folgen könne.

Durch den Versuch herauszufinden, woher die Aggressivität kommt, kann der Einsatz von sedierenden Medikamenten bei Demenz deutlich reduziert werden.

Von Workflow des Pflegeteams zur Rhythmus des Klienten

Katja Ebben arbeitet als Gerontopsychiatrische Fachkraft in den Niederlanden und ist der gleichen Überzeugung wie Dr. Kratz. “Ich habe mich in den vergangenen Jahren auf herausforderndes Verhalten spezialisiert, das aus einer Demenz entstehen kann.” Menschen mit herausforderndem Verhalten werden aggressiv, sind traurig, zeigen Anzeichen von Machtlosigkeit oder haben einen Bewegungsdrang. Es ist nicht immer klar, wodurch diese Emotionen verursacht werden - Infolgedessen werden die Klienten nicht richtig verstanden.

“In den vergangenen Jahren hat ein Umdenken in unserer Denk- und Arbeitsweise stattgefunden. Während die Klienten früher in den Workflow des Pflegeteams und der Einrichtung eingebunden waren, haben wir nun die Rollen getauscht und die Pflege wird vom Rhythmus des Klienten bestimmt. Zu diesem Zweck haben wir auch in Weiterbildungen investiert.”

“Zudem haben wir Studenten für soziale Aktivitäten eingesetzt. Aufgrund dieses Ansatzes und des Einsatzes von Technologien [...] sehen wir einen Rückgang von fast 60 Prozent bei der Anwendung von Maßnahmen, die freiheitsentziehend wirken. So ist beispielsweise der Einsatz von Psychopharmaka im gleichen Zeitraum stark zurückgegangen."

Fokus auf gesteigertes Wohlbefinden anstatt sedierende Medikamente

Als Sozialarbeiterin steht bei den Aktivitäten von Cindy Brink-Jansen das Wohlbefinden des Klienten an erster Stelle. Sie sieht ein hohes Wohlbefinden als Alternative zu freiheitsbeschränkenden Maßnahmen wie sedierende Medikamente.

Der Mehrwert, der durch den Fokus auf das Wohlbefinden entsteht, wird in der Pflege von Menschen mit Demenz heute zunehmend erkannt. Das bietet die Möglichkeit, den Klienten besser kennenzulernen, sodass man ihn am Ende in vielerlei Hinsicht besser zu unterstützen vermag.

Medikamente bei Anzeichen von Aggressionen vermeiden

“Inzwischen bin ich als Sozialarbeiterin auch in der Multidisziplinären Beratung aktiv. Wir sitzen dann mit mehrere Fachbereichen am Tisch, um alle Pflege- und Sozialvereinbarungen rund um die Klienten gemeinsam zu besprechen. In diesem Rahmen suchen wir auch nach Lösungen für das herausfordernde Verhalten, das bei Klienten auftritt. Medikamente scheinen manchmal der einzige Ausweg zu sein. Abgesehen davon, dass es sich um eine die Freiheit einschränkende Maßnahme handelt, bringen sie oft viele negative Nebenwirkungen mit sich.”

Unruhe während der ATLs zu vermeiden ist möglich

Genau wie bei Katja Ebben haben sich technische Hilfsmittel für Cindy Brink-Jansen als eine funktionierende Alternative zu sedierenden Medikamenten bei Demenz und Aggressivität herausgestellt. Technologien wie das Qwiek.up steigern nicht nur das Wohlbefinden der Bewohner, sondern werden auch bei herausforderndem Verhalten eingesetzt. Für Cindy Brink-Jansen bedeutet dies, es wird eine Intervention für den Einsatz des Qwiek.up in den Aktivitäten des täglichen Lebens (ATLs) geschrieben, wenn genau dieses Verhalten auftritt. In der Praxis wird das bereits bei einer Frau angewendet, die auf ruhige Art und Weise geweckt werden muss, weil ansonsten alle anderen ATLs an diesem Tag sehr unruhig verlaufen. Diese Unruhe ist das Ergebnis einer Überreizung. Dadurch, dass sie beim Aufwachen ruhige bewegte Bilder sieht, wird sie von anderen Reizen abgelenkt. Das wirkt sich positiv auf ihren gesamten Tag aus.

Qwiek.up Teil der Behandlungspläne bei Aggressivität

Das Qwiek.up wird laut Katja Ebben regelmäßig bei Klienten eingesetzt, die herausforderndes Verhalten zeigen und aggressiv sind. Sie erklärt: “Das Qwiek.up hilft, eine bestimmte Atmosphäre zu schaffen. Für bettlägerige Klienten ist es ein ideales Hilfsmittel. Durch Projektionen an der Decke können sie alte Fotos, schöne Musik oder beruhigende Bilder genießen.

Einige Klienten haben das Gefühl, dass sie sich für eine Weile im Freien aufhalten und durch die Natur spazieren gehen. Dabei kann man sehen, wie sie sich entspannen. Wir haben das Qwiek.up sogar in die Behandlungspläne für Patienten mit herausforderndem Verhalten aufgenommen.”

Zeitersparnis mit dem Qwiek.up

Cindy Brink-Jansen ergänzt: “Am Anfang sahen manche Kollegen den Einsatz des Qwiek.up als enormen Zeitaufwand und hatten Angst, hierdurch in Zeitnot zu geraten. In unserer Abteilung haben wir jedoch bemerkt, dass man mit dem Qwiek.up eine enorme Zeitersparnis und einen großen Mehrwert schafft, weil die Bewohner während der ATLs viel entspannter sind.”

Das kann auch Fabian Meyer aus seinen Erlebnissen bestätigen. “Tatsächlich kostet es oftmals weniger Zeit, Möglichkeiten wie das Qwiek.up zu nutzen, als man durch andere Maßnahmen bräuchte. Medikamente müssen auch erst vom Arzt verordnet werden und den Bewohner ignorieren führt meist zu häufigem Läuten. Außerdem motiviert es ja auch, wenn man als Pfleger verschiedene Möglichkeiten selbstbestimmt nutzen kann.”