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Muster für Biografiearbeit in der Altenpflege

by Qwiek on

Jeder Mensch hat eine einzigartige Biographie. Wie wir erzogen, aufgewachsen und dann selbst unseren Weg gefunden haben, definiert uns und unser Tun bis ins hohe Alter. Um Menschen zu verstehen muss man ihre Biografie kennen. In der Altenpflege und im besonderen bei Menschen mit Demenz ist dies ein Thema, dem immer mehr Gewicht beigemessen wird. In diesem Blog stellen wir Ihnen Ziele, Abläufe und ein strukturiertes Muster für die Erfassung einer Biografie vor. Ebenfalls bieten wir Ihnen einen Erfassungsbogen zum kostenlosen Download an, den Sie als Hilfe für das Sammeln von relevanten Informationen über Ihre Klienten nutzen können. Abschließend wird erklärt, wie Sie mit dem Tool Qwiek.up ganz einfach in die Biografiearbeit einsteigen können.

Klient & Einrichtung profitieren von Biografiearbeit

Im Rahmen der Biografiearbeit wird versucht, nicht-pflegerische Angebote in der Altenpflege an den individuellen Bewohner anzupassen um eine möglichst große Interaktion und darüber ein gesteigertes Wohlbefinden der Person zu erreichen. Doch auch in der pflegerischen Arbeit ist die Beachtung der Biografie ein wichtiger Aspekt, da die Akzeptanz dieser bzw. die Ablehnung oftmals mit der Biografie zusammenhängt. Gerade bei Menschen mit Demenz, die ja nach Stadium mehr oder minder herausfordernde Verhaltensweisen entwickelt haben, hilft die Biografiearbeit das Verhalten zu verstehen und diesem im Sinne des Betroffenen zu begegnen, anstatt es zu verurteilen oder (medikamentös) zu unterdrücken.

Ziele der Biografiearbeit in der Altenpflege

Die Biografiearbeit in der Altenpflege verfolgt primär das Ziel, durch ein Verständnis der Vergangenheit eines Bewohners sein Verhalten in der Gegenwart einzuordnen. Gerade wenn dieses für Unstimmigkeit zwischen ihm und den Mitarbeiter oder den Mitbewohnern führt, kann mithilfe von Biografiearbeit auf das Verhalten so reagiert werden, dass ein konstruktiver Umgang miteinander möglich ist. Diese Unstimmigkeiten erfahren eine deutliche Intensivierung in s.g. Herausforderndem Verhalten - also auffällige Verhaltensweisen wie Apathie, Aggressivität, lautes Rufen oder repetitive Aktionen - welches oftmals mit einer Demenz verbunden ist, die wiederum oft in der Zielgruppe der Altenpflege vertreten ist.

Doch nicht nur das Umfeld eines Klienten profitiert von der Biografiearbeit; im Fokus steht der Betroffene selbst. Gerade für Menschen im Hohen Alter ist es ein Mittel zur Verankerung im Hier und Jetzt, d.h. die Identität und Fähigkeiten werden erhalten und damit die psychische Gesundheit. Unter Umständen hat Biografiearbeit sogar eine therapeutische Wirkung, die den Klienten mit seiner Vergangenheit versöhnt. Dies ergibt sich allerdings aus der Arbeit und kann - im Vergleich zu einer professionellen Psychotherapeutischen Behandlung durch geschultes Fachpersonal - nicht das Ziel sein.

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Viele Muster für Biografie-Erfassung existieren

Vor dem Beginn biografischen Arbeitens steht logischerweise das Kennenlernen der Person. Viele Wege führen hier nach Rom: Manche Einrichtungen nutzen hierfür einen Datenerfassungsbogen der dem Bewohner oder seinen Angehörigen vorgelegt wird, andere Häuser verzichten vollends hierauf und versuchen den Bewohner während der Kontaktmomente, also z.B. Grundpflege, Essen etc. kennenzulernen. Der erste Ansatz vernachlässigt hierbei, dass es vor allem um das subjektive Erleben des Betroffenen geht, welches sich aus reinen Daten i.d.R. nicht ergibt. Beim zweiten Ansatz gibt der Bewohner aufgrund der Natürlichkeit der Situationen vielleicht viele Infos Preis - diese müssen allerdings auch dokumentiert und zusammengefasst werden, was sich in den entsprechenden, auf andere Arbeiten ausgerichteten Momenten, schwierig gestaltet.

Strukturiertes Muster für Biografie-Erfassung

Da das reine Erfassung von Daten eine unzureichende Basis für die Biografiearbeit liefert und ein Kennenlernen “im laufenden Betrieb” der Altenpflege zu Lücken führen kann, sollte ein strukturiertes Gespräch mit dem Bewohner geführt werden. Vorab bekannte Fakten (z.B. Alter, Geburtsort etc.) sollten bereits vor dem Interview vermerkt sein.

Ziel ist es, neben reinen Informationen vor allem seine Vorlieben und Abneigungen kennenzulernen, sowie die Stationen seines Lebenslaufs dahin zu beleuchten, welche Rolle sie heute noch spielen und wie sie emotional besetzt sind. Dabei entscheidet der Befragte selbst, welche Informationen er Preis gibt und über welche Erfahrungen er nicht reden möchte (=> keine Informationen-Sammeln um des Sammelns willen). Ebenfalls sollen die Informationen nicht kritisch auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft werden: nicht ein Ermitteln von Fakten sondern ein Verstehen des Klienten ist das Ziel der Biografiearbeit. Eine skeptische Haltung des Fragestellers führt im Zweifel dazu, dass der Bewohner sich verschließt und wenige oder gar keine Informationen Preis gibt.

Nur für den Fall, dass der Betreute auffällige und unerklärbare Verhalten zeigt, die relevant für die Pflege- und Betreuungsabläufe sind (z.B. herausforderndes Verhalten bei Demenz), empfiehlt sich ein Zweitgespräch mit den Angehörigen. Denn auch diese haben ggf. ihre subjektive Sicht auf die Biografie und bestimmte Ereignisse. Hierbei ist auch zu beachten, dass Informationen nur erhoben, aber nicht geteilt werden (Informationelle Selbstbestimmung des Bewohners lt. DSGVO). Zuletzt sollte man sich vor Augen halten, dass ein frühes Erfassen und Verstehen der Biografie von Vorteil für die Einrichtung ist, Vertrauen sich aber oftmals erst mit der Zeit aufbaut. Ist ein sehr lückenhaftes Verständnis des Bewohners das Ergebnis der ersten Befragung, kann nach einiger Zeit ein neuerlichen Gespräch geführt werden mit dem Ziel, die Biografiearbeit mit dem Menschen zu verbessern.

Hilfsmittel für die Biografiearbeit

Die Biografiearbeit gestaltet sich deutlich einfacher durch das einbinden von Hilfsmitteln. Diese eint, dass der Klient einen persönlichen Bezug zu ihnen hat, d.h. mit dem Hilfsmittel einen konkrete Erinnerung verbindet. Oftmals werden diese von dem Klienten selbst, bzw. seinen Angehörigen bereitgestellt. Teilweise können Inhalte aber auch von den Mitarbeitern der Betreuung angeboten werden, wenn diese allgemein gehalten sind. Dies hat den Vorteil, dass sie nicht nur für einen, sondern mehrere Klienten genutzt werden können. Zu den bekannten Hilfsmitteln in der Biografiearbeit zählen:

1. Fotos

Diese können vom Bewohner oder von Angehörigen (digital) bereitgestellt werden, bestenfalls mit einigen Infos zum Kontext. Ebenfalls kann - falls es sich um öffentliche Orte handelt - eine Internetrecherche durch die Mitarbeiter der Betreuung überraschend gutes Material liefern.

2. Tagebücher

Diese enthalten viele und oft sehr persönliche Informationen. Tagebücher sind in Zeiten von Internet und Smartphone ziemlich aus der Mode gekommen - in der Kriegs- und Nachkriegsgeneration waren und sind sie aber weit verbreitet. Fleißige Schreiber nennen unter Umständen mehrere Bände Tagebücher ihr Eigen, was eine schnelle Auswertung aufwendig gestaltet kann.

3. Musik, Lieder und Filme

Wie in jeder Generation verbinden auch alte und pflegebedürftige Menschen viele Erinnerungen mit Musik, Liedern und Filmen. Gerade Musik und Lieder sind eines der ältesten Kulturgüter die der Mensch kennt und tief in unserem Gehirn verwurzelt. Aus gutem Grund entwickelte sich das Fachgebiet der Musikgeragogik, die genau an dieser Verwurzelung und dem persönlichen Bezug ansetzt.